23. Februar 2022

Umfrage unter Schüler und Eltern in Mecklenburg

Heute gab es einen Artikel in der Zeitung, in der über eine Umfrage unter Eltern und Schüler über die aktuelle Lage der Schulen berichtet wird. Mit Umfrageergebnissen. Im Prinzip eine gute Sache. Die Landesregierung kommt dabei nicht so gut weg. Der Chefreporter meint: "Die Landesregierung kann nicht in die nächste Klasse versetzt werden ...". (Bezahlschranke) Damit hat er nicht ganz unrecht. Die Umfrage zeigt aber auch sehr klar ein Problem auf, was alle Umfragen und Statistiken haben: glaube keiner Umfrage, die du nicht selber gefälscht hast. Denn es macht ja schon einen großen Unterschied, ob z.B. Menschen gefragt werden, die eine Ahnung von einer Sache haben oder nicht. Es macht einen Unterschied, ob man jemanden fragt, der sich schonmal mit den Auswirkungen von Notengebung befasst hat oder nicht. Und das Thema Schule, wir wissen es, ist komplex.

Da auch das Umfrageergebnis hinter einer Bezahlschranke liegt, hier ein paar Ergebnisse daraus:

Von 3680 befragten Eltern gaben 1824, also etwa die Hälfte an, dass in Mathe ein Rückstand durch Coronafolgen entstanden sei. Für Informatik und Medienbildung waren nur 8,5% dieser Ansicht, bei Sport waren es 19%. Dabei sagen Kinderärzte sehr klar: die Gewichtszunahme ist nicht nur signifikant, sie ist teilweise sogar alarmierend.

Knapp die Hälfte der befragten Eltern sind mit dem Unterricht ihres Kindes in diesem Schuljahr zufrieden.

So der Artikel.

Paula Szumotalski vom Schülerrat MV sagt zwar: „Alle sind gestresst, unmotiviert und müde“. Die psychosoziale Einschätzung wird aber in der Umfrage besser nicht abgefragt, weder von Schülern, Eltern oder Lehrer. Die Eltern-Lehrer-Schüler-Beziehung wird auch besser nicht abgefragt.

2686 Schüler haben an der Umfrage teilgenommen, wobei es keine Aufschlüsselung nach Klassenstufe, Alter oder Schulart gibt. 57% hiervon gaben an, dass sich ihre schulischen Leistungen in den vergangenen zwei Jahren entweder ganz oder teilweise verschlechtert hat.

Die Schüler sind der Ansicht, dass eine Fokussierung auf Kernfächer das Problem teilweise beheben könnte. Auch 42,6% der Eltern sind dieser Ansicht. Und hier zeigt sich eben sehr krass das Problem des fehlenden Horizontes und die Fokussierung der Schule auf die Notengebung. Kein normaler Mensch im Leben würde auf die Idee kommen sein Wohlbefinden oder seine Zufriedenheit daran zu messen wie schnell er eine Matheaufgabe lösen kann oder wieviel Englischvokabeln er auswendig heruntersagen kann. Kein Schüler, der in einer kindorientierten Schulumgebung lebt, würde auf die Idee kommen den Frei-Day oder das Fach "Verantwortung" oder "Projekt" aus dem Stundenplan zu streichen.

Es sind aber just solche etwas albernen Umfragen, die dann wiederum für Entscheidungen herangezogen werden die Schullandschaft mit Innovationen auszustatten.

Bei den Umfrageergebnissen der Eltern wird es dann sehr kurios. Fast ein Viertel findet, dass zusätzlicher Unterricht am Nachmittag helfen könnte Lernlücken aufzuholen. 11% sind der Ansicht, dass Unterricht in den Ferien helfen könnte. Ein kleiner Trost: 45,8% sind der Ansicht, dass die Rahmenlehrpläne angepasst werden sollten. Wobei, bei genauerem Nachdenken: es steht nicht da, in welcher Richtung die Lehrpläne angepasst werden sollen. Vielleicht auch deswegen hat diese Antwort die meisten Stimmen bekommen.

Eine weitere nichtssagende Forderungsantwort war: "Maximale Klassengrößen von 22 Kindern" (2. Platz mit 45%). Die Klassengröße hat laut John Hattie einen Einflussfaktor von 0,13. Da hat selbst der Hausbesuch durch Lehrperson mit einem Faktor von 0,22 einen größeren Einfluss. (pdf) - Wobei es auch durchaus Kritik an dieser Bewertung gibt.

Dies zeigt den größten Mangel der Demokratie auf: hauptsächlich jene bestimmen die Richtung, die sich nicht tiefer mit einer Materie befasst haben. Und das ist sehr schade. Denn so werden aus reiner Befindlichkeit heraus Dinge entschieden, die sich in der Zukunft kontraproduktiv auf die Kinder und die Gesellschaft auswirken.

Die Expertenaufgabe würde jetzt lauten: erfindet intelligente Fragen. Und fragt einmal Menschen, die sich mit der Materie auskennen und einmal fragt ihr Menschen, die sich nur oberflächlich mit dem Thema beschäftigt haben.

Das Umfrageergebnis habe ich leider Online nicht gefunden. Hier aber noch ein Kommentar von n-tv.