Hausaufgaben

"In vielen Fällen sind Hausaufgaben Hausfriedensbruch ..."
Hilbert Meyer, Leitfaden Unterrichtsvorbereitung

"Als sich die Stunde dem Ende nähert, verteile ich die Hausaufgaben und entlasse die Schüler in die Pause."
Philipp Möller / Isch geh Schulhof

Was sich im Buch von Philipp Möller so salopp liest, ist alles andere als salopp. Es ist ein schwer umstrittenes und schwer umkämpftes Thema. Nicht nur in Elternhäusern zwischen Eltern und Kindern, sondern vor allem auch unter Pädagogen und Fachleuten gibt es immer wieder Streit um das immer gleiche Thema: sind Hausaufgaben sinnvoll oder sind Hausaufgaben sinnlos.

Befürworter sagen klar: Hausaufgaben hat es immer schon gegeben! Bei den Hausaufgaben können Kinder in Ruhe selbständig lernen. Der Lernerfolg stellt sich nur durch die Hausaufgaben ein.

Gegner sagen: ganz so einfach ist das nicht! Das Thema muss vertieft betrachtet werden. Oder noch radikaler: Hausaufgaben sind sinnlos.

Wir wollen es uns nicht ganz so einfach machen, denn es gibt in der Tat gute und böse Hausaufgaben. Die Gegner sehen vorwiegen die bösen Hausaufgaben, die Befürworter sehen die guten Hausaufgaben.

Es gibt verschiedene Aspekte, die Hausaufgaben problematisch machen. So ist die Freizeit bei Schulkindern durch die Schule eh schon knapp bemessen. Kinder werden um 6 Uhr geweckt, um 6.45 Uhr fährt der Schulbus zur Grundschule, um 14.30 Uhr kommen sie nach Hause, also insgesamt schonmal 8,5 Stunden Programm! Wenn dann noch privater Musikunterricht oder ein Sportverein besucht wird, gibt es fast gar keine freie Zeit mehr. Dabei ist gerade im jungen Alter Freizeit sehr wichtig. In der Freizeit erholt sich der Körper und der Geist. Kinder und Jugendliche gehen dann ganz individuellen persönlichen Interessen nach. Diese individuelle Zeit ist sehr wichtig für die psychosoziale Entwicklung. Kinder, die permanent in Aktionen und Pflichten eingespannt sind, können wichtige Fähigkeiten nicht entwickeln.

Die Handhabung von Hausaufgaben variiert stark von Familie zu Familie. In manchen Familien wird so eine Art Zweitschule praktiziert. Die Eltern kontrollieren alle Hausaufgaben und wenn etwas nicht im Sinne der Eltern ausgeführt wurde, muss es nachgebessert werden. Andere Eltern helfen proaktiv bei den Hausaufgaben. Wieder andere Eltern überlassen die Kinder komplett sich selber und stehen nicht einmal für Nachfragen zur Verfügung. Dies fördert wiederum die soziale Ungleichheit. Kinder, denen nicht geholfen wird, stehen in der Schule schlechter da, als Kinder, die Unterstützung erhalten.

Studien und Erfahrungen

Diverse Studien kommen zu einem recht eindeutigen Ergebnis: Hausaufgaben sind sinnlos. Manche Studien kommen sogar zu dem Ergebnis, dass Hausaufgaben schädlich sind.

In Japan, dem Land der Dienstleistungen, kann man sogar Hausaufgaben kaufen. Ein Versuch, diese Dienstleistung zu verbieten, ist gescheitert. Es zeigt sich jedoch auch hier, dass Schüler, die ihre Hausaufgaben per Dienstleister erledigen lassen keine schlechteren Lernergebnisse vorweisen können als Schüler, die die Hausaufgaben selber machen.

John Hattie kommt in der viel zitierten Hattie Studie zu dem Ergebnis, dass Hausaufgaben etwa den gleichen Wert haben wie Hausbesuche durch die Lehrperson.

Meine eigenen empirischen Studien kommen zu dem Ergebnis, dass wenn Hausaufgaben sinnvoll gegeben werden und mit Begeisterung gemacht werden, ein sehr intensiver Lernerfolg gegeben ist. Die meisten Hausaufgaben sind allerdings wirklich sinnlose Zeitverschwengung und Gängelung von Schülern und Eltern. Kinder, die es schwer haben in einem Fach, werden durch Hausaufgaben kaum Begeisterung für den Stoff entwickeln. Sie sitzen aber deutlich länger an den Aufgaben, müssen sich möglicherweise von unqualifizierten Menschen helfen lassen und leiden psychosozial massiv unter dieser Benachteiligung.

Weitere Infos zum Thema

Simplicissimus über Hausaufgaben
https://youtu.be/LK4hbnoMHSo

Harald Lesch über Hausaufgaben
https://youtu.be/RcPtFgp-xmU