21. Januar 2025
Vermisste Kinder
Ein elfjähriges Mädchen aus Sanitz im Landkreis Rostock wird tagelang vermisst. Es ist zwei Wochen vor dem Ende des Schulhalbjahres. Die Polizei würde auch mit dem Hubschrauber nach dem Mädchen suchen. Neben verhindert dies. Nach dem Mädchen wir öffentlich gesucht. Mit Bild und Beschreibung. Eine Hundestaffel wird eingesetzt. Vergeblich. Das Mädchen bleibt verschwunden. Glücklicherweise ist dem Mädchen nichts passiert. Es hat sich bei einer Freundin "versteckt" - so die Aussage der Presse.
Genaues wissen wir nicht. Wir kennen weder das Mädchen noch dessen Familie noch die Schule, noch die Lehrerin, noch die Freundin noch sonst irgend etwas. Wir bekommen nur Bruchstücke aus der Presse.
Auch ein 13jähriges Mädchen aus Schwerin war in den letzten Tagen vermisst worden, ist aber ebenso wohlbehalten wieder aufgetaucht.
Es ist einmal mehr die berühmte Spitze des Eisbergs, die wir da sehen.
Die Antworten, die auf Warum-Fragen gegeben werden, sind keine wirklichen Antworten. Manchmal heißt es, es habe Streit gegeben. Ach so! Sagt dann der gemeine Zeitungsleser. Dann ist ja alles klar. Es könnte aber einfach weiter gefragt werden: warum hat es Streit gegeben? Warum hat sich das Mädchen nicht an seine Bezugspersonen gewandt? Wenn es mit den Bezugspersonen Streit gegeben hat, muss die Frage erlaubt sein, ob es den Bezugspersonen nicht gut geht. Usw. Nur so kommen wir doch auf Antworten. Es wäre ja sinnlos einfach allen Streit zu verbieten. Dann gibt es ja darum Streit, dass der Streit verboten ist.
Jedes vermisste Kind muss alle Alarmglocken laut ... sehr laut ... klingeln lassen. 2023 wurden in Deutschland 77.000 Jugendliche vermisst. 77.000.
Wir hatten gestern hier in der Crew ein ganz interessantes Gespräch zu diesem Thema. Dieser Tage findet an der Schule so ein Internettraining statt. Da wird den Jugendlichen erklärt wie gefährlich das Internet ist. Unsere Crewmitglieder sind 14 und finden diese Veranstaltung vom ersten Moment an vollkommen unnütz und langweilig. Zum einen kennen sie die Hürden und Fallstricke besser als die Referentin und zum anderen wissen sie genauso wie jeder vernünftige Mensch, dass solche Veranstaltungen nicht einen Moment zu irgend etwas nütze sind. Diejenigen Kinder und Jugendlichen, die anfällig sind in Gefahr zu geraten, haben das, was die Referentin da erzählt schneller vergessen als bis sie auf drei zählen können.
Wie wäre es denn, wenn die Schule selbst sich an der Nase fassen würde und sagen: wo findet denn bei uns Missbrauch statt? Wenn alles, was schädlich ist für Kinder und Jugendliche aus der Schule hinaus gefegt würde, Schülerinnen und Schüler weder bedroht, gedemütigt, gelangweilt, überfordert, deren Bedürfnisse ignoriert würden. Wäre das nicht eine Revolution? Eine Revolution, die dazu führen würde, dass sich Mädchen mit Schwierigkeiten jederzeit an eine Vertrauensperson wenden können. Eine Vertrauensperson, die nicht sagt: Ooohjeee - für dich hab ich gar keine Zeit. Und ich bin nicht zuständig. Wenn Schule autoritativ und nicht autoritär wäre?
Lasst uns einen Moment zumindest in der Vorstellung diese Idee wahr werden. Endlich wäre der Lehrerberuf wieder sinnvoll. Also voll mit Sinn und nicht mit Problemen, Unterrichtsstoff, Klassenarbeiten und Zeugnisnoten. Die Jugendlichen würden die Schule lebensfähig verlassen, ausgestattet mit den sinnvollen Skills Selbstvertrauen, Sozialkompetenz und Selbstverantwortung.
Es wäre eine Vision. Lasst etwas tun. Schule geht besser!