18. Juni 2024
Tagesthema: Bildungssystem und Politik - Stimmen nach der Wahl
Nach der Wahl ist vor der Wahl. Das gilt auch während der Fußball Europameisterschaft.
Vor neun Tagen waren Wahlen. Kommunalwahlen und Europawahlen. Einige Menschen waren von den Ergebnissen überrascht. Einige waren positiv überrascht, einige waren eher negativ überrascht. Das ist dann immer eine Gelegenheit für Empörialismus - vor allem auf der Seite derjenigen, die negativ überrascht waren. Denn es geht um nicht mehr als Schuldzuweisungen, also eher einfache Botschaften.
Die Suppe kocht also einmal mehr hoch.
Bob Blume, der Netzlehrer und Podcaster, schreibt auf Mastodon: "ICH KOTZE" - Er verweist dabei auf einen Artikel in der Augsbuger Zeitung, in der ein Verbandspräsident des Deutschen Lehrerverbandes einmal mehr behauptet, dass die Zuwanderung Schuld am katastrophalen Zustand des Bildungssystems sei. Bob, du bist ein Stern am Horizont. Danke für Deine Arbeit und die klaren Worte. Viel deutlicher kann man es nicht aussprechen.
Marina Weisband und Bob Blume treffen sich im Podcast auf ARD zum Thema So geht Demokratiebildung in der Schule. Marina Weisband darf man als wirkliche Schulexpertin bezeichnen. Sie ist in der Ukraine geboren und hat damit einen Migrationshintergrund. Marina Weisband zog im Alter von ca. acht Jahren mit ihren Eltern nach Deutschland um. Sie hat als Kind gern programmiert. Sie ist Diplom Psychologin. Sie war Geschäftsführerin der Piratenpartei. Derzeit ist sie Mitglied der Grünen. 2014 hat sie das Beteiligungsprojekt aula initiiert und maßgeblich aufgebaut. Damit bekommt sie tieferen Einblick in Schulen und erlebt, was dort so geht.
Im Podcast unterhält sie sich mit Bob Blume genau über das brandaktuelle Thema: was müssen Kinder in der Schule lernen, um verantwortliche Mitglieder der freiheitlichen demokratischen Gesellschaft zu sein. Bitte hört diesen Podcast ... Denn Marina Weisband sagt ganz klar: Mathe und Physik sind wichtig. Aber wichtiger ist Selbstverantwortung und Selbstwirksamkeit, Sozialkompetenz und alle diese Skills, die nicht mit Noten bewertet werden können.
Warum schreibe ich das so ausführlich? Marina Weisband ist Expertin. Wirklich. Sie kennt sich in Psychologie aus. Sie kennt sich in Politik aus. Sie kennt sich in Schulen aus. Wir, also Eltern, Lehrer und Politiker, müssen genau auf diese Expertenstimmen hören. Das Schulsystem ist sehr komplex. Natürlich kennt sich ein Lehrer mit bestimmten Sachen im Alltag eines Klassenzimmers aus. Aber den Überblick hat ein Lehrer deswegen nicht. Natürlich kennen sich Eltern mit ihrer Sichtweise der Welt aus. Einen Überblick haben sie deswegen nicht. Hört auf die Experten. Bitte! Hört den Podcast an.
Unsere derzeitige unkompetente Bildungsministerin der FDP Partei entlässt ihre Staatssekretärin. Das darf sie wohl. Die Bildungspolitik wird damit sicher nicht besser. Bei Stark-Watzinger kann man eigentlich nur hoffen, dass sie durch glückliche Umstände, z.B. eine Schwangerschaft eine berufliche Pause einlegt oder man darf auf die nächste Bundestagswahl hoffen. Die Frau ist sowas wie die zur Person gewordenen Unfähigkeit - und dies in einem doch recht verantwortungsvollen Posten.
Kürzlich habe ich mich mit einem Bekannten unterhalten. Er pendelt viel von West nach Ost. Und umgekehrt. Er hat im Osten Immobilienbesitz und hat überlegt mit seiner Familie in den Osten zu ziehen. Nach reiflicher Überlegung hat er davon abgesehen. Ein Grund hierfür war, dass er kleine Kinder hat. Diese müssten früher oder später in Mecklenburg in die Schule gehen. Das hat ihm dann doch solche Bauchschmerzen bereitet, dass er nicht nach Mecklenburg zieht. Ausgangspunkt der Unterhaltung waren auch die Wahlergebnisse.
Wie der Spiegel heute schreibt, fordert Frau Schwesig mehr Ostpolitik vom Kanzler. Ja. Auch hier mag man sich die Augen reiben. Denn wer macht denn maßgeblich die Ostpolitik? Gab es da nicht Ministerpräsidenten. Oder Ministerpräsidentinnen? Nach üblicher Politikerinnenmanier wird die Verantwortung immer irgend jemand anderem gegeben. Zum Beispiel dem Bundeskanzler. Ministerpräsidentinnen gehen ja gern mit gutem Beispiel voran. Einfach mal mit dem Zeigefinger auf den Bundeskanzler zeigen. Die Menschen im Osten seien "sehr unzufrieden", so die SPD Politikerin. Das, ich muss das hier als Bürger Mecklenburgs mal aufschreiben, ist nicht witzig. Sowohl die Unzufriedenheit, als auch die Untätigkeit und Unfähigkeit der Damen Schwesig und Oldenburg in Schwerin. Sie hätten es in der Hand die Unzufriedenheit zu bekämpfen. Es wäre ihre Aufgabe. Sie könnten wissenschaftliche Erkenntnisse ins Bildungssystem einfließen lassen. - Nur mal so als kleines Beispiel. Da bei der Europawahl bereits 16jährige wählen durften, hätten sie damit sogar einen direkten Einfluss auf das Wahlergebnis nehmen können. Und? Was tun sie statt dessen? Sie bereiten schon mal die Spur vor für blaue Erfolge bei den nächsten Landtagswahlen.
Man muss es so konstatieren: Schule geht besser.
Das Deutsche Schulportal der Robert Bosch Stiftung berichtet über die Sondererhebung zur PISA Studie 2022.
Nur 50 Prozent der Jugendlichen geben an, dass ihre Lehrkräfte sie ermutigen, originelle Ideen zu entwickeln.
Im OECD Durchschnitt sind es 63%. Ist das nicht tragisch? "Naja - wofür braucht man denn kreatives Denken. Dafür gibt es doch KI", mag der geneigte Leser nun sagen. Das Gegenteil ist aber der Fall. Trotz KI gibt es jeden Tag fast unendlich viele Situationen, die Kreativität erfordern. Kreativität ist einer der Skills, der jedem Menschen in jeder Lebenslage nützlich ist. Es ist der Skill, der für Problemlösungen unerlässlich ist. Er ist in der Schule erlernbar. Auch dies zeigt die Studie deutlich. Es ist tragisch für jedes Kind, das in deutsche Schulen gezwungen wird, dass hier wertvolles Potenzial einfach verloren geht.
Schule geht besser.
Deutschland rutscht auch im internationalen Standortwettbewerb ab. Von Platz 6 auf Platz 24 in zehn Jahren. Wie der Spiegel zu berichten weiß. Ob es da einen Zusammenhang gibt? Was wir wissen: Innovationen in Technik, Wissenschaft, Verwaltung, Kultur sind nur mit Kreativität zu haben. Und einem innovationsfreundlichen Umfeld - welches wiederum nur mit Kreativität zu machen ist. Also auf Bürokratie zu setzen, ist sicherlich das falsche Pferd. "Die Politiker sollen mal dies und jenes machen ..." oder "wir brauchen mehr Innovationsförderung ..." sind eher kontraproduktive und eher populistische Forderungen. Oder anders gesagt: nur wer nicht müde und träge ist, wer nicht auf Obrigkeit setzt, sondern neugierig und optimistisch, wird innovativ und damit zukunftsfähig sein. Das gilt sowohl für den Einzelmenschen als auch für Gemeinschaften und Gesellschaften. Also nochmal: Kreativität in der Schule durch Bedrohung und Demütigung zu unterdrücken, wird weder Deutschland noch die Welt weiter bringen.
Und damit nochmal: Schule geht besser.