27. Januar 2023
Lehrer sollen mehr arbeiten - so eine Expertenkommission
An den Schulen fehlen Lehrkräfte. Angeblich. Möglicherweise. Oder: nach der aktuellen Einschätzung von Lehrerverbänden. Und zwar fehlen dramatisch viele Lehrkräfte. Beim derzeitig üblichen Schulmodell fehlen, so ein Beratungsgremium der Kultusministerkonferenz, pro Jahr 1600 Lehrkräfte. Bundesweit. Jetzt sind die Gesichter ganz lang. Denn die Blöße, dass im deutschen Schulsystem etwas ganz gravierend schief läuft, will sich natürlich keiner so wirklich geben. Deswegen wird an allen Ecken und Enden herumgedocktert. So versuchen sich die Bundesländer gegenseitig mit unterschiedlichen Konzepten Lehrkräfte abzuwerben. Es geht da quasi zu wie auf dem türkischen Bazar. Man glaubt es nicht. Mitten in Deutschland. Wir schreiben das Jahr 2023. Und keiner klebt sich deswegen irgendwo fest.
Es hört sich eher nach Schildbürgerstreich an. Zur Realsatire reicht es aber allemal. Brandenburg sagt künftigen Lehrkräften eine schnelle Verbeamtung zu. In Sachsen-Anhalt wird potentiellen Lehrkräften aus anderen Bundesländern eine Vier-Tage-Woche versprochen. Das Ganze nennt sich dann ganz große Politik. Ärgerlich ist es vor allen Dingen für die schwächsten Glieder im Bildungssystem: für die Kinder. Auf deren Rücken wird der Unfug nämlich ausgetragen. Und zwar ohne Rücksicht auf herbe Verluste. Eiskalt und richtiggehend brutal. Von den Kindern wird erwartet, dass sie richtig rechnen können. Als Vorbilder haben sie Menschen, die nicht einmal in der Lage sind eins und eins korrekt zusammen zu zählen.
Aber wartet - es geht noch besser. "Wenn du nicht mehr weiter weißt, gründe einen Arbeitskreis" - so heißt ein berühmtes Sprichwort. Reicht aber nicht. Wir lassen jetzt die Experten dran. Laut Tagesschau schlägt die Expertenkommission vor, dass Lehrkräfte mehr arbeiten sollen. Sie schlägt vor, dass Teilzeitarbeit begrenzt werden soll und dass größere Klassen gebildet werden sollen. Ihr lest richtig. Wenn ihr mir nicht glaubt, hier könnt ihr mehr erfahren. Experten - wohlgemerkt. Mein Tipp: mal die Kinder fragen. Habe ich gemacht. Die fanden das lustig. Momentan glänzt ihr Stundenplan mit Ausfall und Vertretung. Einer der hauptsächlichen Gründe für das Dilemma: kranke und überarbeitete Lehrkäfte. Und die sollen jetzt länger arbeiten.
Ich frage mich allen Ernstes, ob die Experten das ernst meinen oder ob das einfach nur ein Witz sein soll. Vielleicht haben sie sich hingesetzt und gesagt: wir überlegen uns jetzt den beklopptesten Vorschlag und dann schauen wir einfach was passiert. Wir wissen es nicht. Was ich mich auch frage, weshalb nicht ganz naheliegende Maßnahmen umgesetzt werden. Um nicht nur Mängel anzuprangern, schreibe ich hier mal ein paar ganz naheliegende Ideen auf. Denn ich bin überzeugt: Schule geht besser! Wir müssen es nur wollen.
Abschaffung der Schulpflicht
Die Schulpflicht ist eh ein veraltetes Relikt und sorgt für extrem viel Stress bei Lehrern und Schülern. Es gibt durchaus Kinder, die außerhalb der Schule besser aufgehoben sind. Das würde das ganze System entlasten. In der Summe würde es nicht sehr viel ausmachen. Es wäre maximal ein Prozent der Schüler, die dann nicht in die Schule gehen würden. Aber es würde die Gesamtsituation entspannen.
Abschaffung der Notengebung bis zur Klasse 10
Auch die Notengebung, ein Relikt aus dem 16. Jahrhundert gehört auf den Müllhaufen. Die Notengebung ist ein unnötiger und sinnloser bürokratischer Aufwand, der sehr viel Arbeit macht, aber für niemanden einen Nutzen bringt. Es müssten weniger sinnlose Prüfungen geschrieben werden. Es müssten weniger Prüfungen vorbereitet und korrigiert werden. Noten führen nicht zu besseren Leistungen sondern zu mehr Schulverweigerern und Bildungsverlierern. Noten führen zu irreparablen psychosozialen Schäden und zu hohen Folgekosten für die Gesellschaft.
Abschaffung von Klassenarbeiten
In direktem Anschluss auf die Abschaffung der Notengebung drängt sich auf, dass Klassenarbeiten in der jetzigen Form abgeschafft werden. Die Ergebnisse aus Klassenarbeiten sind wenig aussagekräftig. Hat ein Schüler Prüfungsangst oder einen schlechten Tag, Kevinismus und Blackouts - all dies schlägt sich auf die Prüfungsergebnisse nieder. Klassenarbeiten in der jetzigen Form sind vollkommen lebensfremd. In der Berufspraxis ist Teamarbeit gefragt. Dies gilt in fast allen Berufen. Außer im Lehrerberuf. Upps - Kalauer - Sorry. In der heutigen Berufspraxis sind Lösungen gefragt, bei der sämtliche Hilfsmittel erlaubt sind, auch der Austausch mit anderen.
Lasst die Schülerinnen und Schüler mehr selber lernen
Es gibt mittlerweile genügend Erfahrungen, die belegen: Kinder sind in der Lage selbst zu lernen und sie wollen auch selbst lernen. Eigenständiges Lernen hat viele Vorteile. Das Gelernte wird nicht nur für eine Prüfung gelernt und danach wieder vergessen. Schülerinnen und Schüler können dadurch sehr viel stärker eigenen Interessen nachgehen, was zu einem verstärkten Lernerfolg führt.
Lehrer dürfen keine Einzelkämpfer mehr sein
Größere Klassen werden durch mehrere Pädagogen betreut. Das derzeitige System mit einem Pädagogen mit einer Klasse ist in mehrfacher Hinsicht psychosoziales Gift für Kinder und Pädagogen. Zum einen sind die Pädagogen bei Schwierigkeiten auf sich alleine gestellt. Wenn sie als Team arbeiten, kann ein erfahrener Kollege dem Neuling in der Praxis weiter helfen. Kinder sehen, dass auch Erwachsene miteinander interagieren. Kinder sind Experten in Nachahmung. Die gesamten Lernverbände werden dynamischer. Es muss nicht mehr einfach ein uniformer Stoff auf einheitlichem Niveau gelernt werden. Die Kinder können besser individuell betreut und gefördert werden. Das System wird selbstlernend. Bessere Unterrichtskonzepte und pädagogische Methoden setzen sich schneller durch. Berufsfremde Lernbegleiter können leichter einsteigen.
Macht Schule mit Freude
Der größte Lernerfolg stellt sich durch Freude am Lernen ein. Dies hängt unmittelbar mit der Ausschüttung von Botenstoffen im Hirn zusammen. Das Wohlergehen, das Wohlfühlen in der Schule muss das oberste Prinzip von Schule sein - wenn wir denn am Prinzip Schule festhalten wollen. Kinder müssen gern in die Schule gehen. Jeden Tag. Jedes Kind. Sonst geht etwas schief. Gleiches gilt für Lernbegleiter. Wer keine Freude daran hat Kinder beim Lernen zu unterstützen, soll zuhause bleiben und hat an der Schule nichts zu suchen.
Das waren jetzt mal nur sechs Punkte, die per sofort ohne zusätzliche Kosten und ohne zusätzliches Personal umzusetzen sind. Wenn diese Punkte umgesetzt werden, werden sich automatisch neue Perspektiven einstellen. So lange dieser Weg nicht eingeschlagen wird, kann mein Rat eigentlich nur sein: klebt euch irgendwo fest. Das ist zwar auch sinnlos, schafft aber zumindest Aufmerksamkeit. Denn jeder Mensch muss wissen: Schule geht besser!