2. März 2023
4- oder 6-Tage Woche - was wäre besser?
Herr Posener plädiert in der Zeit (Bezahlschranke) für eine 6-Tage-Woche in der Schule. Er meint, die Viertagewoche als eine Antwort auf den Lehrermangen wäre Unsinn. Er meint auch, dass unsere Kinder mehr Schule brauchen und nicht weniger. Der Artikel von Herrn Posener in der Zeit entstand nachdem das Kultusministerium in Niedersachsen es für unzulässig erklärt hat, dass die Grundschule Wiefelstede in Abstimmung mit der Schulbehörde aufgrund von Lehrermangel die Viertagewoche eingeführt hat.
Man kratzt sich schon ein bisschen am Kopf. Herr Posener ist selbst ernannter Experte. Die Schulleiterin der Grundschule in Wiefelstede hat sicher auch Ahnung von dem was sie da tut. Ich habe Respekt vor der Entscheidung der Schulleiterin. Denn ich kann mir vorstellen, dass ihr aus der Elternschaft heftiger Gegenwind ins Gesicht bließ. Ich habe mich nicht sehr mit den Hintergründen beschäftigt. Möglicherweise wollte sie auch ein Zeichen setzen. Möglicherweise wollte sie den Druck einfach mal öffentlich machen - das spielt aber auch keine Rolle. Sie griff zu einer kreativen und unkonventionellen Lösung für ein konkretes Problem.
Der Artikel von Herrn Posener enhält neben der etwas kuriosen Überschrift einige Punkte, die gewürdigt werden sollten, aber auch einige Kuriositäten. So meint Herr Posener, dass "... wenn sie (die Ministerien) ... den Lehrerberuf durch höhere Gehälter attraktiver machen, dauert es ein Jahrzehnt, bis der Schub an Absolventen die Schulen erreicht." Ämm ... Lehrer in Deutschland sind jedoch bereits überdurchschnittlich bezahlt. Ein kaputtes System einfach mit noch mehr Geld auszustatten macht nur ein kaputtes noch teureres System, aber kein besseres System. Dann geht Herr Posener jedoch auf die Vorteile einer Ganztagsschule für Schüler und Eltern ein und das ist lesenswert, denn da schwingt dann tatsächlich mit, dass die Schule für alle, aber vor allem für Schüler und Lehrer entstresst werden muss. Die Schule soll zu einem lebendigen Lebensumfeld unter Einbeziehung der Kinder werden. "... das Essen sollte frisch und unter Beteiligung der Kinder hergestellt werden ...". An dieser Stelle muss ich Herrn Posener beipflichten. Denn wir brauchen vor allem weniger Bildung, dafür aber mehr Angebote für Kinder.
Kinder müssen vor allem Sozialkompetenz lernen. Das lernen sie aber nur von Vorbildern. Der klassische Lehrer ist Einzelkämpfer. Und Lehrer sind nun mal diejenigen Personen, die Kinder eine gute Zeit ihres Lebens als Vorbilder vorgesetzt werden. Und so lernen sie vor allem Einzelkämpfe und müssen sich die Sozialkompetenz quasi im Selbststudium mit Gleichaltrigen erwerben. Das ist lebensfremd und führt ... - genau ... zu massiven gesellschaftlichen Problemen und orientierungslosen Erwachsenen.
So lange in der Schule nicht das Kindeswohl im Vordergrund steht, so lange Schule nicht begreift, dass Bulimielernen und Notendruck eben nicht zu nachhaltigen Lernerfolgen führt, so lange ist die Viertagewoche das schlauere Modell. Damit wird den Kindern zumindest weniger Schaden zugefügt. Die Schulschließungen in der Coronazeit haben sehr gut gezeigt, dass viele Kinder davon profitieren nicht dem Zwangsunterricht ausgesetzt zu sein.
Also Herr Posener (und alle anderen): so einfach ist das nicht. Erst müssen die Schulen besser werden. Dann werden die Kinder auch von ganz alleine und freiwillig und gerne länger in die Schule gehen.