11. Januar 2022

Interview mit KMK Präsidentin Karin Prien in der ZEIT

Die konservative Bildungsministerin aus Schleswig-Holstein gibt ein Interview in der ZEIT. Solche Interviews lassen mitunter tief in die Abgründe der Interviewten, manchmal auch des Interviewers blicken. Das Interview steht unter der Überschrift "Die psychosozialen Folgen machen uns mehr Sorgen als die Lernlücken" - was eigentlich auf einen vernünftigen Interviewtext hoffen lässt. Auch der Einleitungssatz "Und fordert auch nach der Pandemie mehr Freiräume zum Experimentieren." macht Hoffnung. Später wird es dann aber kurios bis sehr kurios. Frau Prien erzählt mehrfach von ihrem 17-jährigen Sohn, es geht um zusätzliche Lehrervergütungen und andere Nebensächlichkeiten. Wobei es ja schon erwähnenswert ist, dass die Frau Prien aus dem Leben ihres Sohnes erzählt. Ich frage mich: wenn jetzt jeder Kultusminister und jede Kultusministerin die eigenen Kinder als Maßstab für die Gestaltung der Schule nimmt ... führt das wirklich weiter? Wohl kaum! Menschen in der Ministerpostenriege sind schonmal per se bevorzugt, stellen also kaum einen repräsentativen Bevölkerungsquerschnitt dar. Dann kann ja so eine private Anekdote ganz unterhaltsam und lustig sein. Wenn diese Sicht allerdings als Argumentation in einer sachlichen Diskussion angeführt wird, wird es schräg. Sehr schräg. Dann erzählt Frau Prien etwas davon, dass in Deutschland doch bitteschön mehr in der frühkindlichen Bildung gemacht werden soll. Huppsa, Frau Prien. Ergänzt wird die Ausführung mit "Doch die Kita ist kein Bullerbü.".

Am Schluss entgleist Frau Prien komplett: "Das Leistungsprinzip muss gestärkt werden ...", "Ich stehe für eine Bildungspolitik, die getragen ist von empirischen Erkenntnissen ..." - Aua! Das tut schon weh. Vermutlich hat die Frau noch nie etwas von John Hattie und anderen Bildungsforschern gehört oder gelesen.

Sehr sehr schade Frau Prien! Da waren so gute Elemente in dem Interview. 

ZEIT ONLINE: Zur Zeit der Schulschließungen gab es Schulleitungen und Lehrkräfte, die von einer neuen Schule zu träumen begannen: von einer freieren Unterrichtsstruktur, alternativen Formen der Leistungsbewertung, von Reformen also, die bis dahin unmöglich schienen. Was bleibt davon?

Prien: Das Fenster für Veränderungen ist offen – und wir müssen es unbedingt nutzen! 

Das ist doch mal ein Ansatz.

Die Kommentare unter dem Interview sind leider auch sehr lesenswert. Leider deshalb, weil sie in die Abgründe der Leserschaft blicken lassen. Bis zu Reformen dürfte da noch einige Überzeugungsarbeit bei den Eltern und Kollegen zu leisten sein.