18. Februar 2022

Digitalisierung der Schule - was ist das, was soll das, was kann das und wozu ist es gut

Wir wollen heute ein paar Überlegungen zum Thema Digitalisierung der Schule anstellen. Denn: das Thema ist in aller Munde. Und es wird uns noch eine zeitlang beschäftigen.

Nur ein paar Stichworte hierzu: Distanzunterricht, Tabletklasse, Smartboard, Lernplattform, Datenschutz, Infrastruktur, Schulcloud, interaktives Lernen, technische Betreuung.

Vielleicht gehöre ich ja zur Urgeneration der digitalen Bildung. In den 70er Jahren wurde Fernsehmathematik erprobt. Im Klassenzimmer standen zwei Fernseher und zur festgesetzten Zeit wurden diese eingeschaltet und es erschien der Fernsehmathematiklehrer. Dazu gab es jeweils die passenden Arbeitshefte. Zugegeben, das Fernsehen war damals noch analog. Das Experiment währte nicht lange; es hat sich nicht bewährt.

Im Jahr 2001 erschien das äußerst lesenswerte Buch "Logout - Warum Computer nichts im Klassenzimmer zu suchen haben" von Clifford Stoll. Clifford Stoll, muss man wissen, ist kein Technikfeind. Er war Miterfinder des Internet. Jeder, der etwas mit der Digitalisierung der Schule am Hut hat, sollte dieses Buch gelesen haben.

Heute fabuliert, seit März 2020 besonders verstärkt, die Politik etwas über Digitalisierung der Schule. Ich schrieb schon einmal über Smartboards in Klassenzimmern. Nein, der Erstatz der klassischen Tafel durch Smartboards ist sicher keine Digitalisierung der Schule.

Neulich hatten wir Elterngespräch in der Schule. 5. Klasse. In der Grundschule haben wir recht gute Erfahrungen mit Anton und Antonin gemacht. Auch Budenberg war in der Grundschule am Start. Recht erfolgreich. Wir sprachen dann die Englischlehrerin darauf an, ob sie mit digitalen Lernplattformen arbeitet oder diese als Unterstützung in Betracht zieht. Denn gerade beim Erlernen einer Sprache kann ein spielerischer Umgang mit dem Unterrichtsstoff hilfreich sein. Die Antwort war eher ernüchternd. Anton, so sagte sie, gibt es nicht für die 5. Klasse. Sie empfahl uns dann zwei Plattformen mittelmäßiger Qualität. Ihre Begründung war: Anton gibt es nicht für Englisch Klasse 5. Zuhause nachgeschaut: Anton gibt es sehr wohl für Klasse 5.

Also - hier erstmal Merksatz Nr. 1: Digitalisierung muss nicht viel Geld kosten. Digitalisierung muss aber auch von den Lehrkräften gewollt werden.

Gegner digitaler Plattformen und Unterstützung durch digitale Inhalte führen gerne an, dass Kinder ja dann auf sich alleine gestellt sind mit dem Lernprozess und dadurch überfordert werden. Auch sei nicht kontrollierbar, ob sie denn tatsächlich lernen. Befürworter führen dagegen an, dass Lehrer dann eben genau mehr Zeit haben Kinder in ihren Lernprozessen zu unterstützen, die diese Unterstützung auch brauchen. Was ist nun richtig?

Fatal wäre die Ansicht, dass sich durch den Einsatz von Computern Lehrkräfte einsparen ließen. Was sich einsparen lässt und was auch kostendämpfend wirkt, ist der Einsatz von Schulbüchern, die sich quasi vollständig ersetzen lassen.

In vielen Schulen wird schon praktisch vorgeführt, inwieweit eine Digitalisierung den Schülern nützt. Und, um es klar zu sagen: es muss bei der Digitalisierung um die Schüler gehen - auch dies wird oft vergessen.

Passend zum Thema erscheint gerade heute ein Artikel in Technology Review (Bezahlschranke) mit der Überschrift "Digitalisierung in der Schule: Warum iPads allein nicht reichen" von Eva Wolfangel.

Experten mahnen: Die Strategie fehlt. ... Es werde viel zu viel über die Hardware gesprochen, dabei mache die noch lange keinen guten Unterricht. ... Allerdings hat die dBildungscloud nie bundesweite Bedeutung erlangt. Obwohl sie als HPI-Projekt zwischen 2016 und 2021 mit mehr als 13 Millionen Euro allein vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert wurde.
… Ob diese die Cloud aktiv nutzen, werde nicht erhoben, so eine Sprecherin. ...
Und auch ein digitales Whiteboard – inzwischen ein Symbol für digitalisierte Schule – macht noch keinen anderen Unterricht. Im Gegenteil: Meistens würden diese vor allem für Fotoshootings mit Politikern genutzt und verstaubten ansonsten in der Ecke.

... Und je länger man Plocher zuhört, desto mehr drängt sich der Eindruck auf, dass Menschen wie ihm – aus der pädagogischen Praxis – womöglich im ganzen Prozess viel zu wenig zugehört worden ist.

... Jacob Chammon geht noch einen Schritt weiter: Aus seiner Sicht muss mit der Digitalisierung der Schulen die deutsche Lernkultur hinterfragt werden. In seinem Heimatland Dänemark spielen Noten und Abschlüsse eine weniger zentrale Rolle. „… Vernetztes, fächerübergreifendes, projektorientiertes Lernen ist die Zukunft.“

... Technik allein macht keinen guten Unterricht, betont auch Katharina Scheiter: "Man kann mit digitalen Mitteln mindestens genauso schlechten Unterricht machen wie mit analogen."

Es wäre ja zu einfach. Da es ja doch schon einige, zum Teil auch sehr erfolgreiche Inselprojekte gibt, könnte man einfach die Experten an einen Tisch holen. Das beste Konzept gewinnt - ähnlich wie bei einem Architekturwettbewerb. Und dann wird es umgesetzt. Wie die Insellösungen eindrücklich zeigen, braucht es dazu nicht einmal 13 Mio. Euro. Es ist doch erstaunlich, wie das Geld auf dem Rücken der Kinder verbrannt wird und diese vor alten, nicht funktionierenden Smartboards sitzen. Eine Stiftung wäre der richtige Rahmen. Es wäre zu einfach.