6. Mai 2023
Aus dem Leben eines Sechstklässlers - Schule live
Letzte Woche, kommt der Schüler nach Hause und erzählt, dass er eine halbe Stunde vor der Tür verbringen durfte.
Was ist geschehen?
Aus der Sicht des Schülers:
Wir haben Kurztests gemacht und ich habe Ks Test korrigiert. Dann habe ich vernehmlich gesagt:. Du hast zwei Aufgaben richtig! Daraufhin der Lehrer: "geh vor die Tür!" - Ich bin dann mit meinem Händi vor die Türe gegangen. Nach einer halben Stunde kam der Lehrer und frage: "Geht es wieder?" - Ich bin dann wieder rein gegangen.
Aus der Sicht des Lehrers:
Heute hat Schüler L wieder gestört. Während alle anderen Schüler in Ruhe die Arbeiten korrigiert haben, musste er dazwischen rufen. Das geht einfach nicht. Ich habe ihn dann nach draußen geschickt.
Aus der Sicht des Beobachters:
Lehrer, die weder ihre Schüler mögen noch Verständnis für Kinder haben und außerdem an schwachen Nerven leiden sollten nicht Lehrer sein. Das gilt gleichsam für alle Geschlechter. Eine gewisse Lebendigkeit sollte auch in einem Klassenraum nicht nur möglich sondern sogar erwünscht sein. Der reine Funktionsschüler, der einfach das macht, was der Autoritätslehrer erwartet, tut sich keinen Gefallen. Die Zukunft der Gesellschaft braucht Menschen, die empathisch miteinander umgehen, auch über soziale oder andere hierachische Ebenen hinweg. Das muss im Unterricht gelebt, vorgelebt und kultiviert werden. Lehrer, die diese Fähigkeit nicht haben, müssen aus diesem Tätigkeitsfeld entfernt werden.
Damit war die Woche aber noch nicht zu Ende.
Im Englischunterricht wurden die Klassenarbeiten zurück gegeben. Durchschnitt: 4,7. Es gab zehn fünfen, soundsoviel sechsen. Die Lehrerin meckerte in der Klasse herum, dass die Arbeiten so schlecht ausgefallen sind und dass die Schüler mehr lernen müssen. Glücklicherweise hörten viele Schüler gar nicht zu.
Ich höre dabei die alte Leier, die auch in der Tagespresse immer wieder auftaucht. Die Schüler können sich nicht konzentrieren, die Schüler können nicht richtig lesen und nicht richtig schreiben und nicht richtig rechnen. Die Lesekompetenz ist schlecht und die Handschrift ist sowieso unter aller Sau. Und schon ist wieder der schönste Populismus im Gang: wir brauchen mehr Lehrer (alle Geschlechter), wir brauchen mehr Frühförderung, die Lehrer sind überlastet und diese ganze ewige Leier. Vollkommen ignoriert wird dabei jedoch, dass es sehr wohl Lehrer gibt, in deren Klassen gelernt wird, bei denen die Prüfungsergebnisse eben nicht durch die Bank schlecht sind, die nicht in der Dauerjammerschleife stecken bleiben, die nicht die Schüler beschimpfen. Und einmal mehr muss doch die Frage erlaubt sein: wo ist der Unterschied? Was macht den Unterschied aus zwischen einem Lehrer, bei dem die Kinder gerne und freiwillig lernen zu dem Lehrer, der nur mit andauernder Androhung von schlechten Noten über seinen Arbeitstag kommt. Lehrer, die ihr eigenes Verhalten im Klassenraum reflektieren und sich bei einem mangelhaft ausgefallenen Prüfungsergebnis auch fragen, was sie selbst verbessern können stehen den Lehrern gegenüber, die ganz klassisch einfach alles besser wissen, nichts reflektieren und ihren ganzen Unmut an den Kindern im geschlossenen Klassenzimmer auslassen.
Ich muss an dieser Stelle allen Schülerinnen und Schüler meine allerhöchste Hochachtung aussprechen, dass sie die ständige Fehlbehandlung in der Schule doch so gut wegstecken. Dass es trotzdem so wenig Gewalt an den Schulen gibt, dass dennoch der Schultag irgendwie über die Runden gebracht wird. Nach der ersten Geschichte habe ich das Kind gelobt, dass es ihm heute wieder gelungen ist, dass sich der Lehrer wichtig gefühlt hat.
An dieser Stelle ein wichtiger Hinweis an alle Lehr/mwd und Schulleit/mwd. Als Eltern haben wir tatsächlich nur die Möglichkeit unsere Kinder zu unterstützen und zu stärken. Die Idee von Einträgen im Hausaufgabenheft oder von Tadeln oder Drohungen ist nicht brauchbar. Die Eltern als Büttel einzuspannen, um Missstände an den Schulen zu kultivieren ist von gestern. Heute ist Dialog angesagt. Wenn etwas nicht gut klappt, hilft am besten miteinander zu sprechen. Manchmal handelt es sich um Missverständnisse. Eltern bekommen E-Mails, in denen steht dann z.B. "... das Kind hat gestohlen ...". Bei genauerer Betrachtung stellt sich der Verdacht als Irrtum heraus. Das passiert gar nicht so selten und sollte überhaupt nicht passieren.
Was soll man nur machen als Eltern in einer solchen Situation? Die Leitung zur Schulleitung ist tot. Wenn ich der Schulleitung nett und freundlich schreibe, dann hat sie nichts besseres zu tun, als die Nachricht an den Lehrer weiter zu leiten. Was macht der? Er lässt seinen Unmut natürlich an dem Schüler aus. Der Elternrat? Leider eine komplette Fehlbesetzung. Die Aufgabe des Elternrates wäre eigentlich als Schnittstelle zur Schule zu fungieren. Das ist ihm aber zu anstrengend. Anstatt die Interessen der Kinder zu vertreten, ist er eher so eine Mangelverwaltungsschnittstelle. Bei Missständen wird mal mit dem Lehrer telefoniert. Das war's dann auch.
Schule geht besser. Das zeigen viele Schulen und viele Lehrer. Hierfür sage ich im Namen aller Schüler ein ganz herzliches Dankeschön an alle Schulleiter/mwd und Lehr/mwd.