16. März 2023
Reale Schulgeschichten ...
Als Schulkritiker hat man es nicht leicht. Denn man bekommt nicht nur Unverständnis von allen Seiten. Man ist ständigen subtilen Anfeindungen ausgesetzt. Heute gibt es Geschichten aus dem Alltag.
Nachdem unsere Schulsituation vor einem Jahr durch Schule und Lehrer so weit getrieben war, dass die Schule eigentlich für die Kinder nicht mehr zumutbar war, sind wir den offiziellen Weg über den schulpsychologischen Dienst gegangen, der uns wirklich sehr geholfen und unterstützt hat. Dabei ging es keineswegs in die Richtung, die wir uns gewünscht hätten. Wir haben uns eine Verbesserung für alle Kinder gewünscht, nicht nur für unsere Kinder. Möglicherweise haben Schulleitung und Schulaufsicht eingesehen, dass diese Veränderungen tiefgreifender gewesen wären? Möglicherweise wählt da die Schulbehörde den Weg des geringsten Wiederstandes? Fakt ist und bleibt: wir wünschen uns eine bessere Situation für alle Kinder. Nicht nur für die, die ersichtlich leiden, sondern auch für die, die anpassungsfähiger sind. Gründe dafür gibt es ja genug.
Es war also dann ein ganz konkreter Vorschlag der Schulleitung, dass unsere Kinder den Informatikunterricht in einer höheren Klasse besuchen. Es war nicht unser Wunsch. Im Gegenteil. Ich hatte der Schule angeboten den Informatikunterricht für die Klasse zu übernehmen. Wir wurden dann von Schulleitung und Klassenlehrer mehr oder weniger zu einer Unterschrift für unser Einverständnis genötigt. ok. In diesem Moment haben wir sehr egoistisch gehandelt. Vielleicht hätten wir unsere Intention einfach weiter verfolgen sollen ...
Nun ist nach dem Halbjahreswechsel ein neuer Stundenplan erstellt worden. Und natürlich gab es keinen alternativen Informatikunterricht für unsere Kinder. Also schrieb Anne-Christin freundlich an den Klassenlehrer, mit dem Hinweis auf unsere Vereinbarung. Der schreibt dann zurück, dass der Stundenplan nun "wunschgemäß" wieder so geändert wurde, dass unsere Kinder in den Informatikunterricht der Klasse 7 gehen können.
Man wundert sich über so viel Unfähigkeit. Wirklich. Ernsthaft. Dabei will ich Herrn Dr. Klassenlehrer keine böse Absicht unterstellen. Oder ich sags mal anders ... Wenn ich Klassenlehrer wäre, dann würde ich etwa so schreiben:
Liebe Familie xyz,
Haben Sie vielen Dank für Ihre Nachricht!
Da ist uns bei der Erstellung des Sundenplanes ein kleiner Fehler unterlaufen. Das war keine böse Absicht. Wir bitten den Fehler zu entschuldigen. Wir haben den Stundenplan nun angepasst, sodass K1 und K2 wieder wie gewohnt den Informatikunterricht der Klasse 7 besuchen können.
Wenn Sie weitere Verbesserungsvorschläge oder Fragen haben, melden Sie sich gerne bei mir.
Lieber Gruß,
Dr. Klassenlehrer
So ungefähr jedenfalls. Wenn ich freundlich angeschrieben werde, dann antworte ich ja auch nicht beleidigend oder herabwürdigend. Das gehört doch zum ganz normalen Umgang miteinander. Und noch viel mehr! Es geht doch auch darum, dass die Stimmung zwischen Schule und Elternhaus gut, konstruktiv, freundlich, achtsam ist. Zum Wohle der Kinder. Das scheint in der Schule bzw. beim Dr. Klassenlehrer noch nicht angekommen zu sein. Als Schulkritiker lese ich sehr oft von überforderten Lehrkräften, die mit überzogenen Elternansprüchen konfrontiert sind. Das ist doch unnötig! An anderen Schulen geht das doch auch.
Wir blenden mal an einen anderen Ort.
Der Arbeitskreis Philosophie und Geschichte tagt. Hauptsächlich bejammern sich die Lehrer*Innen gegenseitig, dass die Kinder ja so schlecht in Deutsch sind, so viele Fehler machen und alles ganz furchtbar ist. Es geht wohlgemerkt um Philosophie und Geschichte. Nicht um Deutsch. Es ist in diesen Fächern gelebte Praxis, dass Rechtschreibung und Schriftbild nicht benotet werden. Einige Kollegen fühlen sich aber berufen dies dennoch zu tun. Dabei gibt es einen Kollegen, der sich ganz bewusst der Diskussion enthält. Es ist der Kollege, zu dem die Kinder gerne in den Unterricht gehen. In den Unterricht, in dem sie mit Begeisterung mitarbeiten. In dem sie Themen bearbeiten, die sie interessieren und faszinieren. Themen, mit denen sie sich auch außerhalb der Schule beschäftigen. Der Kollege hat sich vermutlich ganz bewusst den Posten des Protokollanten ausgesucht. Wohl wissend, dass es in diesem Kreis vollkommen sinnlos ist sich über gelungene Pädagogik zu unterhalten. Alles etwas schräges Kino.
Noch ein anderer Ort.
Es ist Klassenleiterstunde. Die Schüler sollen ein Formular bzw. Arbeitsblatt oder so etwas ähnliches ausfüllen. Das Thema ist: Bewegung auf dem Pausenhof. Die Schüler werden gefragt, weshalb sie sich so wenig bewegen bzw. was sie zu mehr Bewegung animieren würde. Die Kinder finden das natürlich halbwegs lächerlich. Der Schulhof ist zu klein, bietet so gut wie keine Spielmöglichkeiten und die Aufsicht hat nichts anderes zu tun als Kinder zu ermahnen, die sich in irgend einer Form bewegen: du darfst nicht rennen, nicht fangen spielen, dich nicht verstecken, wer den ausgewiesenen Bereich verlässt, kassiert einen Eintrag. Jeder Aufsichtslehrer praktiziert dabei eine angeblich einzuhaltende Pausenhofordnung. Eine Nachfrage nach dieser Pausenhofordnung bei der Schule gibt die Antwort: es gibt gerade keine, es wird gerade eine neue Ordnung erarbeitet. Es wird eine Zweiklassenordnung praktiziert. Kinder, die in die Mensa gehen dürfen über die Straße gehen, die anderen Kinder dürfen das nicht. Ball spielen verboten. Der normale Menschenverstand reibt sich da die Augen und kratzt sich am Kopf. Aber es werden irre Zettel verteilt, die die Kinder dann wie eine Klassenarbeit ausfüllen müssen.
Parallel findet im großen Berlin der von der Frau Stark Watzinger inszenierte Bildungsgipfel statt. Jan-Martin Klinge berichtet davon in seinem sehr lesenswerten Halbtagsblog. Und der Laie staunt, mit wie viel Expertenwissen so wenig Kompetenz und Ergebnis zusammen kommt.
Gestern haben wir mal in den Kalender geschaut. Noch 58 mal müssen wir in diese Schule gehen. Abzüglich zwei Tage Klassenfahrt - die auch möglichst wenig Erlebnis bieten soll, vielleicht ein paar Krankheitstage ...
Ich hoffe ihr versteht mich, wenn ich der Ansicht bin, dass Schule besser geht.