12. Mai 2022
Der Berufsvergleich: Freiberuflich oder Lehrer - wo sind die Unterschiede
Vorgestern war großer Bahnhof in der Schule. Ein Schüler, Schulleiterin, eine Lehrerin, ein Lehrer, zwei Eltern. Es wurden die Maßnahmen zur Förderung des Schülers besprochen. Das Treffen war voll von Kuriositäten, die ich hier zunächst gar nicht alle aufführen kann.
Eine Passage nehme ich aber doch zum Anlass ein paar Zeilen zu schreiben. Es ging grundsätzlich um meine Bitte, doch einen Unterricht zu machen, der auch die Kinder berücksichtigt. Der Lehrer erzählte dann etwas davon und darüber, dass sie ja so viele Vorgaben haben, er das kleinste Rädchen sei und all diese Vorgaben berücksichtigen müsse. Ich habe dann versucht ihm die Landesschulordnung zu erklären, in der steht, dass jedes Kind für das Leben in einer freiheitlichen demokratischen Gesellschaft befähigt werden soll. Das hat ihn wenig interessiert. Er versuchte sich dann raus zu reden:
Sie sind ja Freiberufler – ist das richtig? Da hat man ganz viele Freiheiten. ...
Sie haben das große Glück dass Sie ein Freelancer sind und das so machen können wie sie gerne möchten. Da hat man ganz viele Freiheiten. Die haben wir in der Schule eben nicht.
...
Was mich doch nachdenklich gemacht hat. Was sind eigentlich die Skills, die einen Freelancer oder Freiberufler ausmachen, so dass er auch am Markt bestehen kann und was sind die Skills, die einen guten Lehrer ausmachen? Dem Lehrer wird es nicht gefallen: es sind die identischen Skills. Im Marketingslang heißt es Kundenorientierung. Aber was ist das? Beim Lehrer sind die Kunden die Kinder, beim Selbständigen sind es Menschen, die einen Wunsch, ein Bedürfnis, ein Problem oder was auch immer haben. Kunden wollen entweder eine Dienstleistung, ein Auto repariert haben oder eine Ware. Nur wer seine Kunden auch zufrieden stellen kann, wird am Markt bestehen.
Ich als Webentwickler muss die Technik kennen, die Werkzeuge beherrschen und Code schreiben. Code können andere Programmierer sehr viel besser schreiben als ich. Was ich brauche, ist vor allem Empathie. Ich muss mich in die Kundenhaut hinein versetzen können und diese verstehen. Nur so kann ich seine Probleme auch lösen und eine seriöse Dienstleistung erbringen, die ihn zufrieden stellt. Der Rest ist mein Werkzeugkasten. Kommunikation zum Beispiel. Per Telefon, E-Mail, Messenger, Ticketing, E-Mail, Videochat und idealerweise auch persönlich. Eine seriöse Terminplanung, Verlässlichkeit, Zuverlässigkeit.
Und der Lehrer? Laut Herrn Dr. B. muss der Lehrer vor allem irgendwelche abstrakten Vorgaben erfüllen. Nur: da ist der Herr Dr. B. im Irrtum. Der Lehrer braucht an allererster Stelle Empathie. Er muss seine Schüler verstehen. Jeden einzelnen. Der Rest ist sein Werkzeugkasten und sind Randbedingungen. In keiner Landesschulverordnung steht drin, dass Empathie verboten ist. Nirgends. Zugegeben, es steht nicht explizit drin. Aber ohne diesen Skill wird er nicht eine Matherechnung in die Köpfe der Kinder bekommen. Nicht eine einzige.
Meine Vorgaben sind die Gesetze des Marktes. Ob die schwieriger einzuhalten sind als die Bedingungen und Regeln des Schulamtes? Wie sich in der Praxis zeigt, guckt ja eh keiner ins Klassenzimmer.