30. November 2024

Zwei Monate Schreibpause

Vor zwei Monaten habe ich meine Ausbildung zum Heilpraktiker für Psychotherapie begonnen. Ich bin weiterhin mit der Neuorganisation meiner Lebensumstände beschäftigt. Als Alleinerziehender ist mein restliches mentales Pensum etwas eingeschränkt. Alles in allem sind daraus mehr als zwei Monate Schreibpause geworden, die ich nicht aufholen kann.

Daher hier nur ein paar Fakten in Kürze.

Das Deutsche Schulbarometer hat die Studie zum Wohlbefinden von Schülerinnen und Schüler im Alter von 8 bis 17 Jahren vorgestellt. Das ginge eigentlich kommentarlos. Die meisten Kommentare dazu sind allerdings unpassend. So titelt der Spiegel beispielsweise Deutschlands Schüler stellen Lehrkräften schlechtes Zeugnis aus [€]. Das ist eine recht üble Verzerrung der Wirklichkeit. Wie soll man das Wohlbefinden von Schülerinnen und Schüler messen, wenn nicht durch eine Studie? Die Studie ist wissenschaftlich aufgebaut. Das sind Zeugnisse beispielsweise nicht. Wohlbefinden bildet die elementare Grundlage für lernen. Diese Studie ist quasi die Alarmstufe rot für das deutsche Bildungssystem. Die Alarmsignale verbergen sich gut versteckt hinter unscheinbaren Zahlen. So gibt es etwa bei jedem fünften jungen Menschen (21 %) Hinweise auf eine hohe psychische Belastung und verstärkte Symptome psychischer Störungen. Kinder und Jugendliche aus Familien mit finanziellen Sorgen sind dabei mit 33% überdurchschnittlich betroffen. 27% aller Kinder und Jugendlichen geben ihre Lebensqualität mit "gering" an (The KIDSCREEN Group Europe, 2006). Bei Kindern und Jugendlichen mit psychischen Auffälligkeiten oder Störungen sind es 75%. Sorgen, dass sie in der Schule nicht genug Leistung erbringen, machen sich 26% aller Kinder und Jugendlichen oft oder sehr oft. 9% fühlen sich oft oder sehr oft einsam. Es ist also nicht einfach ein schlechtes Zeugnis, wie der Spiegel titelt.

Am Tag des Erscheinens des Forschungsberichtes hatte ich einen Gesprächstermin am offenen Elternabend. Auch der hatte es in sich. Auf Anraten der Schüler verzichte ich auf Gespräche mit Problemlehrern. Solche Gespräche sind vertane Zeit. Dem allgemeinen Rat, dass man sich bei Schulproblemen an den Lehrer oder die Lehrerin oder die Schulleitung wenden soll, kann ich nicht zustimmen. Denn meist verstärken sich die Probleme. Ich suche ganz bewusst das Gespräch mit Lehrern, mit denen es keine Probleme gibt. Im aktuellen Falle war es die Kunstlehrerin. Die wunderte sich natürlich darüber, dass ein Elternteil einen Gesprächstermin haben möchte, wo es doch gar keine Probleme gibt. Der Vorteil eines solchen Gespräches ist, dass es schon von Anfang an konstruktiv ist. Da sich sonst niemand angemeldet hat, konnten wir ungestört die vorgesehene Viertelstunde überziehen. Die Lehrerin bestätigte genau das, was auch der Forschungsbericht des Schulbarometers zeigt. Es gibt auch an unserer Schule von Jahr zu Jahr mehr Einweisungen von Schülerinnen in psychiatrische Kliniken. Es gibt viele Schülerinnen, die unter Einsamkeit leiden. WTF - checkt ihr das? Einsam! An Schulen! Freunde ... Ich sage euch etwas: jeder einsame Schüler an jeder Schule ist ein einsamer Schüler zu viel. Es müssten alle Alarmsignale auf rot springen, wenn es auch nur einen einzigen einsamen Schüler an einer Schule gibt. Das müsste einen Vollalarm auslösen.

Australien verbietet die Nutzung von Social Media Kanälen wie Tiktok, Instagram, Facebook & Co. für Kinder und Jugendliche bis 16 Jahren. Kann man das gut finden? Viele Lehrerinnen und Lehrer werden das begrüßen. Dejan Mihajlović schreibt dazu auf Mastodon ...

Australien hat weltweit als erstes Land beschlossen, jungen Menschen unter 16 Jahren den Zugang zu Social Media zu verbieten. Der Premierminister bezeichnete die Wirkung von Online-Netzwerken auf Kinder als "Geißel" und möchte, dass sie eine Kindheit haben, da sie Social Media "von echten Freunden und echten Erfahrungen fernhalten" würden. Dieses Verbot wird nicht nur Wasser auf die Mühlen von Kulturpessimismus sein. Es stecken auch zwei wesentliche Probleme dahinter:

  1. (Institutioneller) Adultismus:
    Mit dem Beschluss missbrauchen Erwachsene ihre politische Macht und schaffen Gesetze, die das ohne große Machtungleichgewicht und den bestehenden Machtmissbrauch verstärken und zementieren.
  2. Kein Verständnis einer Kultur der Digitalität. Auch 2024 sitzen Personen in Verantwortungsebenen, die keine Idee der Komplexität von Funktion, Wirkung und Nutzung von Social Media haben. (Ironischerweise verstärken kommerzielle Social Media-Plattformen dieses Problem.)

Die Diskussion unter dem Beitrag ist besonders lesenswert. Und zeigt, dass Social Media nicht per se schlecht oder per se gut ist.