21. Mai 2025

Kinderrechte an Schulen - gibt es so etwas überhaupt?

Immer wieder erreichen mich erschütternde Berichte aus dem Schulalltag von Schülerinnen und Schülern. Demütigungen, Drohungen und Beleidigungen und teilweise offenes Mobbing gehören zum Alltag vieler Schülerinnen und Schüler in Deutschland. Die Täter sind dabei nicht andere Schülerinnen und Schüler sondern examinierte Lehrkräfte. Beispiele gefällig? "Wenn Du noch einmal ungefragt dazwischen redest, gebe ich Dir eine 6" (verboten, weil eine vollkommen unangemessene Drohung). Schülerinnen und Schüler müssen fragen ob sie zur Toilette gehen dürfen - das wird manchmal auch nicht erlaubt (verboten, weil Folter). Schüler muss aufstehen und stehen bleiben, weil er mit dem Stuhl gekippelt hat (verboten, weil unangemessene Demütigung). Schüler werden absichtlich zu spät aus dem Unterricht entlassen, damit sie den Bus verpassen. (Kollektivstrafe ist verboten). Schülerinnen oder Schüler werden wegen Nichtigkeiten angebrüllt (verboten, weil psychische Gewalt). Schülerinnen und Schüler werden auf Verdacht bestraft. Die Liste ließe sich noch lange fortsetzen.

Wer nun versucht, gegen solches Lehrerverhalten vorzugehen, beißt nicht nur ganz schnell auf Granit. Er läuft auch Gefahr weiter ausgegrenzt zu werden. Die meisten Lehrer vertragen keine Kritik. Zunächst ist es sehr schwer verbotenes Verhalten von Lehrkräften zu beweisen. Videoaufnahmen sind in Klassenräumen verboten. Lehrkräfte werden immer sagen, dass es ja ganz anders war und dem Bericht von Schülern widersprechen. Selbst wenn man einen guten Draht zur Schulleitung hat, so bekommt man allerhöchstens ein müdes Verständnislächeln. Dass Lehrkäfte tatsächlich Konsequenzen für grenzüberschreitendes Verhalten fürchten müssen, ist sehr sehr unwahrscheinlich.

An wen kann man sich wenden? Offizielle Stellen empfehlen die Schulleitung und die Schulsozialarbeit. Das ist etwa so, als wenn sich ein Mafiaopfer beim Mafiaboss beschweren soll. Also eine etwas kuriose Idee. Den Schulleitungen sind meist die Hände gebunden. Wenn sie einem Kollegen nahe legen sein Verhalten zu ändern, so können sie davon ausgehen, dass jener Kollege sich dann mal schnell vier Wochen krank meldet. Oder der Schulleitung ist das Fehlverhalten einzelner Lehrkräfte zwar bewusst, sie traut sich aber aus den obigen Gründen nicht einzugreifen.

Die Frage bleibt bestehen: wie können Übergriffe seitens der Lehrkräfte verhindert werden. Denn solche Übergriffe richten immensen Schaden an. Das fängt damit an, dass die Lernmotivation abnimmt. Das kann bis zur Lernverweigerung gehen. Weiterhin wirkt sich autoritäres Verhalten schädlich auf die Psyche von Schülerinnen und Schülern aus. Das kann bis zur Depression gehen. Die Spätschäden sind dann auch nicht zu verachten. Der Kinderarzt und Forscher Herbert Renz-Polster formuliert es so: "Erziehung prägt Gesinnung" - so der Titel eines lesenswerten Buches. Autoritäres Lehrerverhalten wirkt sich also unmittelbar und direkt auf die Zukunft der Gesellschaft aus.

Grenzüberschreitungen durch Lehrkräfte finden tagtäglich tausendfach statt. Sie wirken sich negativ auf das gesamte Schulklima aus. Schüler beschmieren Wände und beschädigen Dinge in der Schule. Sie werden auffällig und es kommt eine gefährliche Spirale von Gewalt und Gegengewalt in Gang.

Gute Schulen zeigen, wie es besser geht. In Schulen, wo die Schülerinnen und Schüler wertgeschätzt werden, in denen Kommunikation auf Augenhöhe möglich ist, in denen Lehrerinnen und Lehrer gemeinschaftlich für ein gutes Schulklima einstehen, haben diese Probleme nicht. Es ist doch faszinierend - findet ihr nicht? Die autoritären Lehrkräfte beklagen sich gerne und ständig über die schlechten Manieren von Schülerinnen und Schüler. Aber ist es nicht so, dass eigentlich die Erwachsenen die Chefs sind? Also verantwortlich dafür, dass eine gute Atmosphäre an der Schule herrscht?

Es gibt noch Spielraum. Und ich sage es ungern: es ist dringend. Die Schule brennt - wie es Bob Blume ausdrückt. Es wäre wünschenswert, dass es einen bundesweiten Verhaltenskodex für Lehrerinnen und Lehrer gibt. Und es wäre wünschenswert, dass es eine anonyme Meldestelle für Übergriffe gibt, bei der man übergriffiges Verhalten melden kann. Oder geht ihr davon aus, dass Schülerinnen und Schüler oder deren Eltern Gerichte bemühen, wenn die Kinder an der Schule gedemütigt werden? Ich sage euch wie es ist: da muckt keiner! Viel zu groß ist die Angst vor Benachteiligung, schlechten Noten und anderen Folgen. Das muss dringend geändert werden. Schule geht besser!