22. April 2022
Die Schule stellt sich ein Armutszeugnis aus.
Zweiter Schultag nach den Osterferien. Der Herr Lehrer schickt per E-Mail einen Fragebogen. Den Fragebogen soll das Kind in Ruhe ausfüllen.
Was wird gefragt?
Das Kind wird nach seinen Hobbies gefragt, also was es gerne in der Freizeit macht, ob es genug Freizeit hat, was ihm in der Schule gefällt und was ihm nicht gefällt. Und du kommst aus dem Kopfschütteln gar nicht mehr raus. Du fragst dich einfach: was soll das? Gab es nicht dieses ominöse SA-Gespräch? Gibt es nicht einen Klassenlehrer? Wäre nicht genau das der Job eines Klassenlehrers, dass er seine Schüler kennt? Und natürlich auch die Schülerinnen? Und jetzt wird von dem Kind erwartet, dasjenige, was wirklich einer quasi tiefergehenden Persönlichkeitsanalyse entspricht mal eben schnell sich aus den Fingern zu saugen? Und vor allem: was geschieht dann mit dieser Information? Wer liest sie? Was hat das für Konsequenzen? Man muss dabei berücksichtigen, dass die allerwenigsten Erwachsenen in der Lage sind ihre Bedürfnisse zu artikulieren. Das wird jetzt aber vom Kind verlangt.
Es ist wirklich das Armutszeugnis in Reinform, was sich die Schule damit ausstellt. Nicht nur, dass der Lehrer das Kind nicht kennt. Auch dass die Schule keinen angemessenen Weg findet diesen Mangel zu beheben. Schauerlich. Fürchterlich. Wer hat sich sowas ausgedacht? Und alle machen brav mit. Die Schulleitung. Der schulpsychologische Dienst. Der Klassenlehrer. Sie machen sich ganz einfach zu Helfern eines unmenschlichen Systems. Auf dem Rücken der Kinder.
Es ist genau das, was man mit "gut gemeint" bezeichnet.
Ich hoffe mal sehr, dass die Abscheulichkeiten nicht noch weiter zunehmen. Allzugroß ist die Hoffnung dabei allerdings auch nicht.
Und da wundert sich noch jemand, in welch erbärmlichem Zustand unsere Gesellschaft ist.
Ich sage nur: Schule geht besser!