13. Mai 2025
Wie gestaltet man eine guten Sitzordnung?
Ich gebe zu: dieser Blogartikel kommt direkt aus dem Schulalltag. Ich hatte gestern einen Schüler der 8. Klasse, der auf einen Abstellplatz gesetzt wurde. Ohne Diskussion. Ohne Gespräch. Ohne Ankündigung. Er war sehr außer sich. So wie er es beschrieben hat, hat er mein ganzes Verständnis und meine Sympathie ... - weshalb ich heute wieder zum Stift greife und ein paar Gedanken dazu schreibe.
Sitzordnung - das scheint so etwas wie die heilige Kuh der Frontalschule zu sein. Ich habe ein paar Ideen mit den Jungs besprochen. Alle wurden verworfen. Der Lehrer lässt nicht mit sich reden - das war eine Aussage. Aber warum wählt der Lehrer eine Sitzordnung, die einem Schüler besondere Bauchschmerzen bereitet? Ich sage dem Jungen, dass der Lehrer ihn mag und dass er ihm nicht extra Schaden zufügen will. Es nützt nichts. Der Junge glaubt, dass der Lehrer ihn mobbt. Ich gebe zu, der Pädagoge ist eher unzugänglich, was kooperative Gespräche angeht. Deswegen habe ich auch Sprechverbot mit ihm. Ich überlege hin und her: kannst du nicht auch etwas Gutes an dem neuen Platz erkennen? Der Junge sieht aber nicht wirklich etwas Gutes in dem neuen Platz. Ich stelle Hypothesen auf, weshalb der Lehrer diesen Platz gewählt haben könnte. Auch das hilft nicht weiter. Für mich ist das echt zum Kotzen. Warum wird nicht mehr auf die Bedürfnisse der Schülerinnen und Schüler geachtet?
Mein Hirn setzt sich in Bewegung.
Zunächst einmal kommt es zu diesem Ergebnis: in guten Schulen gibt es weder Klassenzimmer noch Sitzordnung. Wie wohltuend muss das denn sein? Nun - aber da sind wir nicht.
Hirn arbeitet weiter.
Ein Sitzplan, so wie er hier gemacht wird und wie er gehandhabt wird, ist eine durch und durch adultistische Veranstaltung. Wenn wir noch mehr unmündige und frustrierte Menschen haben wollen, dann machen wir doch in den Schulen bitte genau dies: wir erarbeiten Sitzpläne, bei denen sich die Schüler möglichst unwohl fühlen. Vor allem verordnen wir den Sitzplan ohne Diskussion. Jeder muss seinen Platz haben. Wie im Militär, da funktioniert das ja auch. Schule ist schließlich kein Ponyhof. Und von der Ansicht, dass sich Schüler wohl fühlen sollen und dadurch besser lernen, halte ich überhaupt nichts. Bei uns war das ja auch nicht so. Uns hat das ja auch nicht geschadet. - So wird gesellschaftlicher Schaden angerichtet.
Was wir aber wissen: "Erziehung prägt Gesinnung" (Buchtitel von Herbert Renz-Polster). Wenn wir also einen autoritären Stil im Klassenraum wählen, so treiben wir die jungen Menschen dazu autoritäre Systeme gut zu finden. Lest das Buch - es ist eine Empfehlung. Jetzt steht aber genau etwas anderes in der Landesschulordnung. Es steht in der Landesschulordnung, dass die Schülerinnen und Schüler zu Teilnehmern der freiheitlich demokratischen Gesellschaft befähigt werden sollen.
Mein Hirn arbeitet weiter.
Gibt es denn eine Methode, wie Sitzpläne optimal ausgearbeitet werden können? Ich recherchiere kurz und finde dazu einiges an Bullshit. Es gibt sogar einen Sitzplangenerator. WTF ... Hauptsächlich wird die Sitzplanfestlegung technisch gesehen. Das ist in einer modernen Schule der falsche Weg. Jede Schülerin, jeder Schüler muss wissen: ich kann auch an einem anderen Platz sitzen, wenn der Platz auf dem ich jetzt sitze mir nicht passt.
Leider, das muss man an dieser Stelle konstatieren, sind Lehrkräfte häufig nicht willens, den mentalen Bedürfnissen der Schutzbefohlenen Rechnung zu tragen. Dabei weiss jeder Mensch aus eigener Beobachtung, dass das Lernsetting unmittelbar auf den Lernerfolg wirkt. Anders ausgedrückt: ein gestresstes Hirn lernt nicht gut.
Für die Schülerinnen und Schüler wäre zu wünschen, dass genau diesem Fakt mehr Beachtung geschenkt wird. Das allermindeste was getan werden muss ist, dass jeder Schüler, jede Schülerin vollkommen unbürokratisch und unkompliziert einen vertrauenswürdigen und vertrauensvollen Ansprechpartner in allen Schul- und Lebensbelangen hat. So können solche Konflikte vielleicht doch gelöst werden. Vielleicht lernen dann auch die adultistischen Lehrkräfte etwas. - Ist das naiv?