10. Dezember 2024
Zielvereinbarungsgespräche die Zweite
Gestern waren sie also. Die Zielvereinbarungsgespräche. Und die Schüler? Die kamen etwas demotiviert nach Hause. Man kann es ihnen ja nicht verübeln. Wenn das Gespräch schon mit der Eröffnung der Lehrperson "Du musst nicht aufgeregt sein ..." startet. Mal eine blöde Frage: wäret ihr dann nicht aufgeregt? Und nein, es war überhaupt nicht entspannt. Ich war zwar nicht dabei, aber die Erzählung ist schon Eindruck genug. Denn genau darum geht es doch: was bleibt von so einem Zielvereinbarungsgespräch übrig.
Man könnte es einfach humorvoll nehmen und sagen: wenn es dem Lehrer hilft. Das tut es aber nicht. Es hilft dem Lehrer höchstens sich in seiner Überlegenheit bestätigt zu fühlen. Nur: das ist nicht Pädagogik. Das ist Demütigung. Und das ist genau das, was Kinder gerade nicht brauchen können. Und Jugendliche können das schon gar nicht brauchen.
Funfact: ich mache ja gerade die Ausbildung zum Heilpkraktiker für Psychotherapie. Wir lernen gerade etwas über Persönlichkeitsstörungen. Das ist das Kapitel F6 der ICD-10. Persönlichkeitsstörungen - so der aktuelle Stand der Wissenschaft - entstehen in der späten Kindheit und in der Jugend. Die meisten Persönlichkeitsstörungen haben ihre Ursache in fehlender Bindung, mangelnder Empathie der Bezugspersonen und emotionaler Entbehrung. Also ich frag mal so: geht euch ein Licht auf?
Persönlichkeitsstörungen - so der aktuelle Kenntnisstand - sind schwer zu diagnostizieren. Und sie sind schwer zu therapieren. Und - nächster Funfact - verursachen enorme gesellschaftliche Kosten. Also noch einmal die Frage: geht euch ein Licht auf?
Passt auf ... es kommt noch besser. Das gesamte gesellschaftliche System funktioniert ja nach einem Muster. Einem Muster, was sich eine Gesellschaft gibt oder einem Muster, was die Gesellschaft schafft. Wie sieht es denn mit der Bildung der Erwachsenen aus? Gerade just in diesem Moment läuft mir ein Artikel über den Weg, der über Untersuchungen genau dieses Zustandes berichtet. Es gibt eine Pisa-Studie für Erwachsene (Spiegel). Und ooh Wunder - Deutschland ist einmal mehr Mittelmaß.
Kürzlich in einem Quiz gab es die Frage, ob 0,05 Kilometer 5000 Meter, 500 Meter oder 50 Meter sind. 9% der Spiegelleserinnen gaben die falsche Antwort.
Also. Wir fassen zusammen. Kinder immitieren ihre Bezugspersonen. Die Bezugspersonenn sind Mittelmaß. Daraus folgt? Die Antwort findet gerne selber.
Dies bildet auch Schule ab. Glaubt ihr, dass 100% der Lehrerinnen und Lehrer an deutschen Schulen Oberklasse sind? Wohlwollende Untersuchungen zeigen auf, dass 50% aller Lehrerinnen und Lehrer den Beruf verfehlt haben.
Weiter mit der OECD Pisa Studie für Erwachsene. Sie kommt darauf, dass die Schere, also die Spreizung zwischen guten und schlechten Teilnehmern relativ hoch ist. Was folgt daraus? Denkt selber nach! Es folgt daraus, dass wir uns um den mittleren und unteren Bereich kümmern müssen. Denn dort schlummert das Potential.
Eine weitere Frage stellt sich mir sofort: wären denn Lehrerinnen und Lehrer bereit sich selbst bewerten zu lassen und Ziele mit den Schülerinnen zu vereinbaren? Das wäre ein kleiner Fortschritt.
Schule geht besser.