3. Januar 2022
Mehr als jeder dritte Berufsunfähige musste seinen Job wegen einer psychischen Erkrankung aufgeben.
Die Tagesschau titelt: "Psyche Hauptgrund für Berufsunfähigkeit". Und weiter: "Mehr als jeder dritte Berufsunfähige musste seinen Job wegen einer psychischen Erkrankung aufgeben - das geht aus einer Analyse des Lebensversicherers Debeka für 2020 hervor. Welche Rolle die Pandemie dabei spielte, ist unklar."
Unter den Betroffenen sind auch Lehrer. In der debeka sind überproportional viel Beamte versichert. Und die heutigen Schüler werden unter den künftigen Betroffenen sein. Die Pandemie hier aufzuführen, ist wohl en vogue, führt aber in die Irre. Es gibt, mal grob zusammengefasst ein paar Faktoren, die ursächlich sind für psychische Zusammenbrüche:
- immer mehr sinnentleerte Jobs, in denen die Menschen nur noch sogenannte Leistungen abliefern müssen
- immer weniger Berufstätige sind für die Gesamtleistung der Gesellschaft verantwortlich
- mental sind die wenigsten Menschen in der Lage solche Roboterarbeiten auszuführen
- keine angemessene Anerkennung (angemessene Bezahlung, Respekt, Unterstützung, Freiräume, Eigenverantwortung)
Aber ... was hat das denn mit der Schule zu tun?
In der Schule nimmt das Übel seinen Anfang. Es wird dort den jungen Menschen nicht der Raum gegeben, sich ihren Neigungen, ihren Fähigkeiten und ihren Bedürfnissen entsprechend zu entwickeln. Die Schüler heute werden möglichst lang mit sinnentleerten Arbeitsblättern und langweiligen Übungen beschäftigt. Die Fähigkeit, den eigenen Lernwünschen und -bedürfnissen nachzugehen verkümmert mehr und mehr. Das führt dazu, dass die Schüler am Ende ihrer Schulzeit schon vollkommen desorientiert sind und keine Ahnung haben, welchen weiteren Weg sie denn einschlagen sollen. Es ist so ähnlich, wie wenn man ein gezüchtetes Tier aus einem kleinen Käfig plötzlich in die Freiheit entlässt. Es hat keinerlei Fähigkeiten sich in der Wildnis zu orientieren und sich dem wirklichen Leben entsprechend zu verhalten. Es gehört dann schon eine Menge Glück dazu, irgendwann einen Berufsweg einzuschlagen, der zumindest ansatzweise in die Lebenspraxis einführt.
Nicht umsonst, haben alternative Schulkonzepte in diesem Punkt einen gewissen Vorteil. Wenn die Schulzeit nicht ausschließlich auf Prüfungsergebnisse fokusiert ist, gibt es Raum für andere Erfahrungen. Praktika in verschiedenen Bereichen, Theater spielen auf einer echten Bühne, eigene Lernerfahrungen machen, soziales Miteinander im Klassenverbund erleben, erlernen und erüben, Sport nicht als Zwang sondern als Freude zu erleben usw. - dies sind alles Skills, die auf ein späteres Leben vorbereiten und die in der wichtigen Zeit der Kindheit und Jugend geübt werden müssen. Die Psyche dankt es dann nicht nur in der Kindheit und in der Jugend. Wenn Kinder gern in die Schule gehen, wird deren Selbstbewusstsein gestärkt. Die Fähigkeit sich für eine Sache zu begeistern fließt ein in nachhaltige Lernerfolge. Der Körper erlernt die Fähigkeit, Botenstoffe für die psychische Gesundheit zu produzieren und zu dosieren.
So ist, um den Kreis zu schließen, in der Pandemie zu beobachten, dass es Menschen gibt, die mit der Situation besser zurecht kommen, andere kommen schlechter zurecht. Es wäre aber zu kurz gedacht, diesen Effekt nur der Pandemie zuzurechnen. Die Pandemie bringt die Versäumnisse nur etwas deutlicher zum Ausdruck.
Anmerkung: Es mag sein, dass in meinen Artikeln kühne Behauptungen aufgestellt werden, die möglicherweise wissenschaftlich nicht oder noch nicht bewiesen sind. Kann sein. Fakt ist: empirisch erlebbar sind die Effekte auf jeden Fall. Wer also geneigt ist zu behaupten, dass hier Fakenews verbreitet werden, möchte sich gerne zunächst sachkundig machen und dann möglicherweise beruhigt zurücklehnen bzw. die Beobachtungen durch eigene Beobachtungen ergänzen.